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Freitag, 12. Juli 2013

Braucht eine anarchokapitalistische Gesellschaft eine minarchistische Übergangsphase?

Auf der Facebook-Seite zum Anarchokapitalismusist man sich gerade weitgehend einig: Minarchismus ist bäh. Soweit ich das zurückverfolgen kann (und will) geht die Diskussion auf Beiträge von Ferdinand Hoischen in der Ei-Frei zurück, dass Wählen dick mache...

Was Minarchismus als Endzustand angeht, bin ich da ja weitgehend d'accord. Schwierigkeiten habe ich mit dem Glauben, das Szenario von 'Alongside Night' sei mehr als (schlechte) Literatur. 

Warum ich eine minarchistische Übergangsphase für notwendig halte:

  1. Glaubt wirklich jemand im Ernst, Millionen von Menschen, die sich ihr Leben lang auf den Staat verlassen haben, könnten von jetzt auf gleich ihren Krempel selber regeln? Lassen wir die über die Klinge springen? Bei vielen Beiträgen auf der Facebook-Seite habe ich den Eindruck, junge selbständige Akademiker reden darüber, wie der Gen-Pool gechlort wird - FDP auf Koks.
  2. Wo ist das Konzept, was mit dem Geld passiert, das Leute jahrelang in soziale 'Sicherungssysteme' eingezahlt haben?
  3. Was ist, wenn 'wir' plötzlich die einzige anarchokapitalistische Gemeinschaft sind? Und jetzt kommen die Russen? Oder die Österreicher?

Von den Maximalisten hätte ich gerne einen Plan, der von den jetzt lebenden Menschen ausgeht, nicht von Science Fiction-Romanen.

9 Kommentare:

  1. Beim Agorismus kann die Übergangsphase durchaus auch ein voller Staat sein. Die anarchistischen Strukturen werden parallel in einer Internet-basierten Anarchie aufgebaut, unkontrollierbar vom Staat und daher erfolgreicher. Der Staat stirbt dann ab nicht dadurch, dass seine Gesetze in Richtung Minimalstaat liberalisiert werden, sondern dadurch, dass sich niemand mehr an die Gesetze hält, die Beamten notfalls bestochen werden, oder sich mangels guter Bezahlung sowieso andere Jobs suchen.

    Die sozialen Sicherungssysteme fallen natürlich zusammen. Sowas ist schon oft genug passiert, ohne jede Schuld irgendwelcher Anarchisten, also braucht man die auch nicht danach zu fragen. Diejenigen, die früher bei der Agora mitmachen, also in der Agora steuerfrei ihre bitcoins verdienen, sind natürlich besser dran als die, die auf den Verlierer Staat setzen.

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    1. Nicht ganz das, was ich als 'Übergangsphase' bezeichnen würde.
      Aber gut, da du ja den Plan hast - was tue z.B. ich jetzt genau?
      Ich arbeite in einem städtischen Pflegeheim. Die Stadt wird mein Gehalt eher nicht in Bitcoins auszahlen. Kündige ich jetzt und mache mich mit einem agoristischen Pflegeheim selbständig?

      Die sozialen Sicherungssysteme fallen 'natürlich' zusammen. Etwa 90% werden begeistert sein, mit welcher Nonchalance Ärsche wie du sie über die Klinge springen lassen - was für ein verdammtes Pech, das meine Mutter - die 50 Jahre gearbeitet und leider keinen Internetanschluss hat, nicht früher daran gedacht hat, ihre bitcoins steuerfrei zu verdienen.

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    2. Wer ist schuld, wenn staatliche Sozialsysteme zusammenbrechen? Der Staat, der Versprechungen macht, die er nicht einhalten kann, oder der, der die Leute davor warnt, dass der Staat das mal wieder nicht kann?

      Klar ist der Zusammenbruch eines Staates nicht unbedingt für alle angenehm. Das hat man auch beim Zusammenbruch der Sowjetunion gesehen. Damals waren all die besser dran, die schon vorher Verdienstmöglichkeiten hatten, die unabhängig vom Staat waren. Wäre es besser gewesen, wenn uns die gute alte Sowjetunion erhalten geblieben wäre?

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    3. Es geht mir nicht um 'Schuld', und was den Zusammenbruch der SU angeht: damals waren all die besser dran, die schon vorher Verdienstmöglichkeiten hatten, die sie ihren Verbindungen zur vorigen Nomenklatura verdankten. Die 'Kriegsgewinnler' des Zusammenbruchs waren größtenteils Leute, die ihre Position dem alten Regime verdankten (weshalb sich mein Mitleid mit Chodorkovskij und Konsorten in engen Grenzen hält...).

      Was mir allerdings wichtiger ist: scheißen wir jetzt auf die Leute, die sich auf den Staat verlassen haben und sagen 'Pech gehabt'?

      Wird das so funktionieren (mal abgesehen davon, dass ich es menschlich erbärmlich finden würde)?

      Was ist dein Gegenentwurf? Springt ein Großteil der heutigen Gesellschaft 'über die Klinge'?

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    4. Mein Gegenentwurf ist ja das allmähliche Entstehen einer alternativen Struktur, einer netzbasierten Agora. Weil in diesem Szenario nichts von heute auf morgen aufgebaut wird, und der Staat weiter funktionieren kann, nur halt an Macht über all die verliert, die sich in den alternativen Strukturen organisieren, und somit auch an Steuereinnahmen von denen, haben ja alle Zeit, sich darauf einzurichten, dass die staatlichen Sicherungssysteme mal zusammenfallen werden.

      Wie katastrophal der Zusammenfall dann vor sich geht, hängt natürlich auch vom Staat ab. Er könnte ziemlich unproblematisch verlaufen, wenn die Regierung sich vernünftig verhalten würde. Nur, das ist natürlich der Teil, den ich nicht voraussagen kann - wie irrational wird sich der Staat verhalten.

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    5. Viel Anderes habe ich nicht behauptet, Ilja...

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  2. Betrachtet man das gesellschaftliche Streben der Menschen nach Freiheit als evolutionären Prozess, in dem es die Menschen bereits von Sklaven zu Leibeigenen und nun zu Bürgern geschafft haben, und stellt man sich nun die Frage, wie der nächste Schritt vom Bürger zur Freiheit aussehen kann, so hilft einem dabei, selbst diese Betrachtungsweise nicht weiter. Denn die Evolution lässt sich nicht vorhersagen, genauso wenig wie die Freiheit und was in ihr passiert. Nur eines steht fest: in Freiheit evolutioniert es sich besser ;-)

    liebe Grüsse und hast du nicht Lust meine Seite zu verlinken?
    http://globalefreiheit.de/

    iso

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  3. Man braucht eine minarschistische Übergangsphase nicht anstreben, weil man so oder so haben wird. Oder wie sollte es denn dazu kommen, dass "der Staat" von einem auf anderen Tag für abgeschafft anerkannt wird? Da "der Staat" ja kein physisches Ding ist, das man zerschlagen könnte, sondern eine Idee, eine Vorstellung, kann "der Staat" ja denklogisch erst abgeschafft werden, wenn sich genug Leute dazu eentschieden haben, wenn also die Idee der Freiheit allgemeine Gültigkeit erfährt. Das geht nicht schlagartig, sondern vollzieht allmälig, nämlich mit einem aufgeklärten Menschen nach dem anderen.

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  4. Da stimme ich Dir so ziemlich zu, aber ich fürchte, wir sind hier in der Minderheit.

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